Explosionsgeschützt - Umfassende Prüfung von Sicherheitstechnik

Die Thermografie-Aufnahme zeigt, wo bei einer Wandsteckdose mit Kupplung und integriertem Drehschaltermechanismus die Hotspots sind. Dort werden später  die Temperatursensoren aufgeklebt.(Thermografie-Aufnahme: © R. STAHL)

Die Firma R. STAHL hat sich auf explosionsgeschützte Betriebsmittel für industrielle und gewerbliche Anwendungen spezialisiert. Derartige Produkte müssen natürlich umfassend geprüft werden.


Das von Rafael Stahl 1896 gegründete Unternehmen produzierte anfangs Maschinen für die Textilindustrie und stieg später auf Fördertechnik und Aufzüge um. Da immer mehr Anlagen an die chemische Industrie geliefert wurden, befasste sich die Firma ab 1921 zunehmend mit dem Thema Explosionsschutz von elektrischen Betriebsmitteln. Im Zuge von Umstrukturierungen verkaufte R. STAHL 1970 den Bereich Aufzugsbau und 2005 auch die Fördertechnik, so dass sich das Unternehmen heute ausschließlich auf Sicherheitstechnologie konzentriert. Das Produktspektrum umfasst inzwischen beispielsweise Beleuchtungen, Steuerungstechnik, Installationsgeräte, Bediensysteme, Energieverteilungs- und Systemlösungen in explosionsgeschützter Ausführung.

Besonders in der chemischen Industrie, im Bergbau aber auch in vielen anderen Bereichen können in der Produktion, beim Transport und der Lagerung brennbare Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube entweichen. In Verbindung mit dem Sauerstoff der Luft bildet sich so ein explosionsfähiges Gemisch, das bei Vorhandensein einer Zündquelle explodieren kann. Eine Zündung ist beispielsweise durch heiße Oberflächen, Flammen, Funken oder elektrostatische Aufladung möglich. In Bereichen, in denen mit explosionsfähigen Gas- oder Staubgemischen gerechnet werden muss, sind deshalb nur explosionsgeschützte Betriebsmittel erlaubt.

„Diese Kombination von Datenschreiber und
Leistungsmessgerät ist für unsere Zwecke ideal.“

Diese Betriebsmittel sind sehr detailliert zu prüfen. R. STAHL hat hierfür die notwendige Kompetenz sowie die notwendigen Prüfmittel im Hauptsitz in Waldenburg als auch an anderen Entwicklungsstandorten. Hier können annähernd alle Sicherheitsprüfungen (elektrisch, mechanisch, …) und auch Material- und Lebensdauertests durchgeführt werden.

Messung der Oberflächentemperatur

Da heiße Oberflächen eine Zündquelle darstellen können, darf die Temperatur an der Außenseite von Betriebsmitteln einen bestimmten Maximalwert nicht überschreiten. Im explosionsgefährdeten Bereich gibt es insgesamt 6 Temperaturklassen (T1 bis T6). Daraus resultieren unterschiedliche Temperaturgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Bei der Typprüfung aber auch bei Stichproben aus der laufenden Fertigung wird die Oberflächentemperatur gemäß den Anforderungen überprüft. Hierzu wird das Produkt über längere Zeit betrieben. Nach dem Erreichen der Beharrungstemperatur werden mit Hilfe der Thermografie die heißesten Punkte (Hotspots) ermittelt und an diesen dann Thermoelemente befestigt (siehe Titelbild). Nach der Abkühlung wird in einer neuen Prüfung das Temperaturprofil aller Messpunkte, beginnend bei der Raumtemperatur mit dem Datenschreiber GP20 von Yokogawa, aufgezeichnet. Oftmals erfolgt ein paralleler Test von mehreren gleichartigen Prüfobjekten. Anhand der gemessenen maximalen Erwärmung wird überprüft, ob das Produkt die Anforderungen für die entsprechende Temperaturklasse über den gesamten Betriebstemperaturbereich erfüllt. Bei manchen Betriebsmitteln wird während des Temperaturtests auch die elektrische Leistung unter Berücksichtigung der Phasenverschiebung mit Hilfe eines Leistungsmessgeräts WT310 von Yokogawa gemessen und ebenfalls auf dem GP20 aufgezeichnet. „Neben der Höhe des Einschaltstroms ist auch die Leistungsaufnahme bei unterschiedlichen Spannungen von Interesse“, erklärt Bernd Küstner, Laboringenieur bei R. STAHL. „Durch diese Kombination von Schreiber und Leistungsmessgerät haben wir die gesamten Messdaten in einer einzigen Datei mit Zeitstempel zu jeder Messung. Das vereinfacht später die Auswertung.“

 

Messung der Oberflächentemperatur an einer Steckvorrichtung.
Diese ist auf einer dunklen Wand befestigt und wird mit dem vor-
gegebenen Strom beaufschlagt. An mehreren Stellen sitzen
Temperaturfühler, die mit dem Datenschreiber GP20 verbunden sind (grüne Kabel). Auf dem Bild sind (von links): Joachim Hausner (Yokogawa), Tobias Tiedt (R. STAHL), Johann Mathä (Yokogawa)
und Bernd Küstner (R. STAHL) zu sehen.

                

Geöffnete Splitterschutzkammer. Auf der herausgezogenen hellbraunen Platte liegt die schwarze Umhüllung mit dem Prüfobjekt im Innern. Über die dicken grauen Leitungen wird das Gas zugeführt.

 

Bezugsdruck- und Zünddurchschlagsprüfung

Bei der Zündschutzart „Druckfeste Kapselung (Ex d)“ ist das Produktgehäuse in der Regel nicht absolut dicht und das explosionsfähige Gasgemisch kann eindringen. Kommt es im Inneren zu einer Explosion, dann muss das Gehäuse dem Explosionsdruck standhalten. Außerdem dürfen die vorhandenen Spalten nur so groß sein, dass kein Zünddurchschlag nach außen stattfindet.

Bei der Bezugsdruckermittlung wird der maximal entstandene Druck innerhalb des Betriebsmittels gemessen. Hierzu wird das Betriebsmittel mit einem zündfähigen Gasgemisch gefüllt. Mit der Fernauslösung wird das Gasgemisch gezündet und der Druck über die piezoelektrischen Drucksensoren gemessen. Nach Norm werden insgesamt 5 Zündungen eines jeden Gasgemisches gemacht, wobei der höchste Druck gewertet wird. Diesem Bezugsdruck, multipliziert mit einem in der Norm vorgegebenen Sicherheitsfaktor, muss das Gehäuse widerstehen. Die statische Druckprüfung erfolgt aus Sicherheitsgründen mit Hilfe von Wasser. Um eine Prüfung in der laufenden Fertigung zu vermeiden, ist die Typprüfung mit dem vierfachen Bezugsdruck durchzuführen und zu bestehen.

 

Mit dem ScopeCorder DL850 wird der Druckverlauf der Explosion
aufgezeichnet.

                

Testaufbau zur gleichzeitigen Messung von Leistungsaufnahme
sowie Oberflächentemperaturen einer LED-Hängelampe.

 

Die Zünddurchschlagsprüfung dient dazu zu prüfen, ob eine im Innern des Betriebsmittels stattfindende Explosion, auch die explosionsfähige Atmosphäre außerhalb des Betriebsmittels zündet. Diese Prüfung wird in einer eigens hierfür ausgelegten Ex d Kammer durchgeführt. Sowohl das Innere des Prüflings als auch das umgebende Volumen werden nun mit einer explosionsfähigen Atmosphäre geflutet. Innerhalb und außerhalb des Prüfobjekts befindet sich jeweils ein piezoelektrischer Drucksensor. Die Explosion wird im Inneren des Betriebsmittels ferngesteuert ausgelöst. Um die Prüfung zu bestehen, darf die explosionsfähige Atmosphäre im äußeren Volumen nicht zünden. Das Zündsignal triggert gleichzeitig einen ScopeCorder DL850 von Yokogawa, der die Drucksignale aufzeichnet. Mit Hilfe der integrierten Mathematik-Funktion des Messgeräts lassen sich Störungen aus dem Messsignal herausfiltern und die Signale direkt in Druckwerte umrechnen. Dieser Ablauf wird mit verschiedenen Gasgemischen, wie z.B. Acetylen/Luft und Wasserstoff/Luft durchgeführt. „Für die Messung des Druckverlaufs nutzen wir einen ScopeCorder, da dieser gegenüber einem Oszilloskop über deutlich mehr Eingänge verfügt, die darüber hinaus potenzialfrei sind“, berichtet Tobias Tiedt, Laboringenieur bei R. STAHL.

„Wir können in unseren Laboren fast alle Tests selbst durchführen. Die Zertifizierungsprüfungen müssen dann allerdings in einem benannten Prüflabor gemacht werden. Wir versuchen aber möglichst viel intern vorzubereiten“, meint Bernd Küstner zum Abschluss.

R. STAHL AG
Waldenburg/Deutschland

www.stahl.de

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