Entwicklungsbegleitende Prüfung von Wechselrichtern für Elektrofahrzeuge

Test eines Umrichters für den Antriebsstrang in der Klimakammer  des ZF-Prüfstands.

Damit Wechselrichter für Elektrofahrzeuge in der Praxis problemlos funktionieren, müssen entwicklungsbegleitend realitätsnahe Prüfungen durchgeführt werden. ZF verfügt hierfür am Standort Auerbach über einen flexiblen Prüfstand.


In Auerbach nordöstlich von Nürnberg entwickelt und produziert die ZF Friedrichshafen AG unter anderem Schaltsysteme, Sensorik sowie Steuerungen für die Automobilindustrie. Für den stark wachsenden Markt der Elektromobilität werden hier auch Wechselrichter für verschiedene Fahrzeugtypen und Automobilhersteller entwickelt. Wechselrichter erzeugen aus der Batteriespannung eine variable dreiphasige Wechselspannung zur Ansteuerung des E-Antriebs. Um eine sichere und fehlerfreie Funktion dieser Baugruppen unter den unterschiedlichsten Betriebsbedingungen gewährleisten zu können, müssen die Prototypen in der Entwicklungsphase umfangreiche Tests durchlaufen.

ZF hat hierfür einen hochflexiblen Prüfstand im Einsatz. Um möglichst realistische Tests durchführen zu können, enthalten derartige Prüfsysteme normalerweise den zum jeweiligen Wechselrichter gehörenden Elektromotor sowie einen Generator mit Drehzahl- und Drehmomentsensoren als Last. Beim ZF-Prüfstand wurde dagegen ein anderes Konzept verfolgt. Hier werden sowohl die Batterie- als auch die Lastseite von Stromversorgungen bzw. Lastschaltungen elektronisch nachgebildet. Dies bietet entscheidende Vorteile. Da keine drehenden Teile und Batterien vorhanden sind, entfallen einige mechanische Sicherheitsmaßnahmen. Außerdem ist der Prüfstand flexibler, da für den Test von unterschiedlichen Wechselrichter-Motor-Kombinationen kein aufwendiger Austausch des Elektromotors notwendig ist. Die Anpassung an die für den jeweiligen Test benötigte Fahrzeugbatterie und Antriebsmotor kann einfach über das Laden von entsprechenden Parametersätzen für diese Komponenten erfolgen. Der Prüfstand erlaubt zudem einen vollständigen Vier-Quadranten-Betrieb. Damit ist auch eine Simulation von Rekuperationsvorgängen möglich, also die Rückspeisung der bei Bremsvorgängen von der virtuellen Maschine erzeugten Energie in die virtuelle Batterie.

 

 

Martin Högner und Markus Toesko (ZF) erklären Johann Mathä (Yokogawa) den Prüfstand. Aus Sicherheitsgründen sind der Steuerstand und der Prüfstand durch eine Schutzwand getrennt.    

                

Das Prüfobjekt (Wechselrichter) liegt in einem Klimaschrank (hier geöffnet), rechts daneben ein 19" Schrank mit dem Präzisions-Leistungsanalysator WT1800.

Darüber hinaus verfügt der Prüfstand über eine Klimakammer für das Prüfobjekt. Damit lassen sich nicht nur Tests bei unterschiedlichen Temperaturen, sondern auch bei veränderlicher Luftfeuchte durchführen. Der Prüfstand wurde von ZF konzipiert und von der Firma Scienlab realisiert. Vergleichbare Prüfstände mit teilweise abweichenden Konfigurationen gibt es auch an anderen Standorten von ZF. Ein weiterer Ausbau der Prüfkapazitäten befindet sich bereits in der Realisierung.

„Mit dem Prüfstand können wir die Anforderungen des Prüflings hinsichtlich Strom, Spannung, und Drehmoment sehr genau einstellen. Es lassen sich nicht nur komplexe Batteriemodelle für Anwendungen bis hin zum Lkw-Bereich nachbilden, sondern es ist auch eine vollständige Emulation motorischer und generatorischer Vorgänge möglich“, sagt Markus Toesko, Experte für Leistungselektronik im Test-Center bei ZF in Auerbach. „Die Last im Maschinen-Emulator ist ein verschaltetes Netzwerk aus Widerständen, Kapazitäten und Induktivitäten, das Modelle nachbilden kann und sich schnell schalten lässt. Dabei können wir Parameter wie Längs- und Querinduktivität, Wicklungswiderstände, Polpaarzahl und Trägheit einstellen.“

„Der Yokogawa WT1800 dient uns als
präzise Referenz bei Leistungsmessungen.“

Sowohl der Maschinen- als auch der Batterie-Emulator verfügen jeweils über ein eigenes Messsystem, mit dem die Ströme und Spannungen gemessen werden. Zusätzlich ist ein Präzisions-Leistungsanalysator WT1800 von Yokogawa integriert, der deutlich mehr Messmöglichkeiten bietet und als Kontrollsystem dient. Der WT1800 misst Spannungen und Ströme sowohl auf der Batterie als auch auf der Lastseite, wobei aufgrund der hohen Ströme von mehreren 100 Ampere hochgenaue Stromwandler zum Einsatz kommen. Alle Messwerte werden an den Prüfstand übertragen und können dort auf den Monitoren dargestellt werden. „Bevor die Referenzwerte in den Prüfling einprogrammiert werden, können die Ergebnisse der integrierten Messtechnik teilweise stark abweichen. Dafür ist es wichtig, zuverlässige Messwerte einer unabhängigen Quelle, wie dem Yokogawa Leistungsmessgerät zu haben“, meint Markus Toesko.

Die Steuerung des Wechselrichters benötigt für den Betrieb zusätzlich eine 12 V Versorgungsspannung, die im realen Einsatz von der Autobatterie zur Verfügung gestellt wird. Auch hier kann der Prüfstand elektrische Störungen auf der Versorgungsleitung simulieren. Die Betriebsspannung wird hierzu entsprechend der jeweiligen Norm zyklisch erhöht und verringert. Damit lässt sich überprüfen, wie der Controller auf Störimpulse reagiert. Der Prüfstand verfügt außerdem über zwei CAN-Bussysteme. Eines wird für die Steuerung des Wechselrichter-Controllers benötigt, wobei zudem eine Restbussimulation erforderlich ist. Diese simuliert andere im Fahrzeug vorhandene Steuergeräte, mit denen der Wechselrichter im Betrieb Daten austauscht. Ohne eine Restbussimulation würde der Wechselrichter nicht korrekt arbeiten. Über den CAN-Bus kann der Prüfstand u.a. auch die Temperatur im Steuergerät auslesen. Der zweite CAN-Bus dient der Kommunikation zwischen den verschiedenen Komponenten des Prüfstands. Über diesen Bus werden auch viele Messdaten zum Prüfstandrechner übertragen.

 

Die Strommessung erfolgt mittels Nullfluss-Stromwandler (blaue Komponenten). Drei Wandler messen den Strom zwischen dem dreiphasigen Ausgang des Wechselrichters und dem Last-Emulator. Ein Wandler (rechts) misst den Strom, der vom Batterie-Emulator in den Wechselrichter fließt.  

                 

Der Prüfstand im Überblick: links der Maschinen-Emulator, in der Mitte der Klimaschrank (blau), daneben ein 19" Rack (schwarz) u.a. mit dem Leistungsanalysator WT1800, darüber der Datenlogger MW100 und rechts hinten der Batterie-Emulator. Vor diesem noch weitere Messtechnik.

Schließlich enthält der Prüfstand noch ein Datenerfassungssystem MW100 von Yokogawa. Hier lassen sich bis zu 50 Sensoren anschließen, um bei Bedarf beispielsweise Temeraturmessungen an verschiedenen Stellen am Prüfobjekt durchzuführen und aufzuzeichnen.

Individuelle Testanforderungen

Je nach Aufgabenstellung können die entwicklungsbegleitenden Tests für einen Wechselrichter zahlreiche Einzelprüfungen umfassen und insgesamt mehrere Wochen dauern. Um möglichst realitätsnahe Tests durchführen zu können, werden meist Fahrzyklen programmiert, die entweder einschlägigen Normen entsprechen oder individuelle Kundenanforderungen erfüllen. Ein Fahrzyklus dauert normalerweise etwa eine halbe Stunde und simuliert verschiedene Beschleunigungs- und Bremsvorgänge. Meist werden die Fahrzyklen bei unterschiedlichen Temperaturen und Luftfeuchtewerten wiederholt, um auch Extrembedingungen zu prüfen. Ebenso decken diese Tests in der Regel die für das jeweilige Produkt geltenden maximalen Strom- und Spannungswerte ab. Auch hier bietet die große Flexibilität des Prüfstands entscheidende Vorteile. So lassen sich beispielsweise die Wechselrichter auch testen, wenn die zugehörige Maschine noch nicht verfügbar ist. Hierfür sind nur entsprechende Parametersätze notwendig, die von der Entwicklungsabteilung zur Verfügung gestellt werden.

ZF Friedrichshafen AG
Auerbach/Deutschland
www.zf.com

Download Yokogawa Test & Messtechnik Magazin - Heft 47

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